und wieder was neues von Janee....
<p><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Quote:</font><hr><font size="1">Ich empfehle während des Lesens die Unterlassung des Konsums von Kaffee und Mohnbrötchen. Irgendwann wird dabei womöglich noch mal jemand ernsthaft verletzt. Keine Ahnung, ob in dieser Kolumne, aber hinterher kommt die Warnung vermutlich zu spät.</font>
Was ist eigentlich Oldschool?
"old school wäre ohne task... einfach in classic o. SI leveln... keine SC nix. Die Drops werden getragen und ausgetauscht untereinander."
Über diese Begriffsdefinition stolperte ich in der Taverne zu Camelot. Der Verfasser hat sicherlich irgendwie das richtige gemeint, aber...naja. Also ich wollte da sofort nen Kommentar reinwerfen, und der war nicht nett, aber ich bin eigentlich nett und mache anderer Leute Threads nicht mit zynischen Offtopickommentaren kaputt und lasse mich dafür als ****** und Dauernörgler bezeichnen, sondern mache meine eigenen Threads im korrekten Unterforum auf und kassiere dafür gelegentlich schnörkellose Heiratsanträge, manchmal sogar von Leuten, bei denen mir die altersbedingte Heiratsfähigkeit und auch das wahre Geschlecht zumindest zu denken geben. Äh, wo waren wir?
Achja. Oldschool.
Es gibt ja Leute, die lesen aus einigen meiner älteren Kolumnen raus, dass ich eine von der Sorte bin, die meint, dass das Spiel früher besser war. Um Himmels Willen, nein! Es war früher ganz, ganz furchtbar. Also furchtbarer als heute. Viel. Natürlich gibt es Dinge, die damals schöner und besser waren und es gibt heute Dinge, die schlechter sind, als sie damals waren. Aber im Großen und Ganzen ist das Spiel definitiv besser geworden. Und selbst die Dinge, die man heute als "damals besser" einstuft, haben Haken. Ja, ich merke schon, ich kann den Satz selber kaum kapieren, deshalb mal wieder ein paar
Beispiele:
Das Spiel ist heute anonymer geworden. Als jeder nur einen Charakter hatte, wirkte der Server trotz höherer Spielerzahl wie ein Pupskaff, in dem jeder jeden kennt und wo am Dorfbrunnen über Levelups und Drops getratscht wurde. Man kennt dieses heimelige Gefühl aus der Stammkneipe. Das Problem mit der dörflichen Atmosphäre ist, dass man auch (und vor allem) dann nicht unbeobachtet ist, wenn man sich das sehr dringend wünschen würde - und ein noch viel größeres Problem mit dörflichen Gemeinschaften ist, dass man auch dann noch ein "Zuagreista" ist, wenn man erst 77 von 85 Jahren seines Lebens dort wohnt.
Ein spezielles Problem unserer Spieldorfgemeinschaft war, dass sich viele dafür entschieden hatten, Vorwerckvertreter, Zeuge Jehovas oder Amway-Vertriebsleiter zu skillen und entsprechend wurden sie behandelt. Man hätte statt einer Assel etwas gruppenverträglicheres spielen können. Wenn es nicht so viel Blut, Schweiß und Nerven gekostet hätte, allein schon Level - na, sagen wir 20 - zu ereichen. Spätestens ab dann war man nicht mehr bereit, das aufzugeben und von vorne anzufangen und deshalb quälte man sich weiter. Entweder bis zur Rente oder dem frühzeitigen Tod. Das haben wir wohl aus dem wahren Leben, wo man trotzdem jeden Morgen aufsteht und sich zu dem verhassten Job und den mobbenden Kollegen schleppt. Schade, dass man nicht auch im RL respeccen gehen kann, wenn man sich verskillt hat. Aber hey - das konnte man damals im Spiel auch nicht!
Das war übrigens eine elegante Überleitung zu den großmütterlichen Parkbankgeschichten von damals. Aber ich werde sie euch nicht mit einem verklärten, nach innen gerichteten Blick erzählen, wie man sie nur bei Junkies und - äh - ja eben Großeltern findet, sondern mit der gleichen frostigen Freundlichkeit servieren wie eine Ehefrau ihrem Mann eine Aspirintablette, wenn dieser am Vorabend zu lange mit den Skatbrüdern gezecht hat.
Es gab keine Respecsteine und auch keine Aussicht darauf. Könnt ihr euch das vorstellen? Nein, ihr könnt es nicht. Und wenn doch ist es mir auch egal, ich erzähl's euch trotzdem. Das ist das Privileg von alten Muttis, die auf Parkbänken sitzen. Wenn ihr es nicht hören wollt, dann schiebt mich einfach ins Heim ab.
Man ist einfach davon ausgegangen, dass jeder Klick, den man macht, endgültig ist. Die wenigsten hatten sich mit einem Charplaner oder sonst irgendwas hingesetzt und während man heute auf die Frage "Welche Rasse und wie verteil ich die Startpunkte?" fast immer eine brauchbare Antwort bekommt, so hat man sich das damals nicht mal gefragt, aber selbst wenn, hätte einem vermutlich keiner antworten können. Und - um es endgültig kompliziert zu machen - wenn man eine Antwort bekommen hätte, dann wäre sie mit so hoher Wahrscheinlichkeit falsch gewesen, dass Leute zu dem Schluss kamen, wenn sie einfach so viele Antworten wie möglich abfragten, um dann _das einzige noch nicht Gesagte_ zu machen, würden sie es richtig machen (leider, aber nun nicht mehr erstaunlicherweise hat sich diese Methode des "Anti-Sherlockholmesings" bis heute gehalten).
Ich nahm keine Avalonierin, weil die Gesichter der Avalonierinnen alle so aussahen, als litten sie unter chronischer Verstopfung und akuter Misantropie. Bis auf ein Gesicht und das hatte folgerichtig jeder, der als weiblicher Avalonier starten wollte. Man konnte nicht so richtig erkennen, welche Linie für was taugt und die Namen der Linien gaben keinen Aufschluss darüber.
Also skillte man in allem ein bisschen und schaute dann, welche Zauber man als am Brauchbarsten empfand. Außerdem ließ man sich von seinen Vorbildern beraten. Man passte auch gerne seine Skillung an die Drops an, die man bekam. So konnte ich es schaffen, dass meine Paladina zuerst Schnitt skillte, dann fand ich eine bessere Stoßwaffe und gab was in Stoß, Darkhead entdeckte Zweihänder und meinte, darin die Zukunft zu sehen, also gab ich auch etwas in Zweihand, denn wenn ich so weit war wie er, wollte ich bereit sein.
Kurz, wir waren fast alle verskillte Obergurken und als die Respecsteine kamen, war das sowas wie der Anfang einer neuen Ära.
Aber zeitgleich mit dieser Ära kam auch ein neues Spielgefühl. Fehler waren nicht mehr so schlimm, man musste nicht mehr lernen, mit ihnen zu leben oder es nach der Reinkarnation besser machen, sondern man konnte sie mit relativ wenig Aufwand ausbügeln. Jedoch taten wir das nicht mit der Gelassenheit von tibetanischen Mönchen, sondern mit dem fanatischen Eifer katholischer Missionare. Alle anderen sollten nicht auch unsere Fehler wiederholen und so ereiferten wir uns, jeden zu bekehren und ihm unsere Skillung als die einzig Wahre aufzudrängen. Statt friedlichem gemeinsamem Herumgimpen teilten wir uns nun auf in die Wissenden und die Unbelehrbaren.
Da das Ganze jetzt ein wenig zu philosophisch wird, komme ich nun wieder zurück zu meiner Parkbank. Es gab noch einiges, das früher ganz furchtbar war. Ihr könnt einen Nachgeschmack davon bekommen, wenn ihr euch einmal nach Stonehenge begebt (das Dungeon, nicht der Server) und ein Monster tothaut. Achtet auf das Gold, das ihr dort bekommt. Und dann geht einmal nach - ach, es ist fast egal, wo ihr hingeht und vergleicht.
Stell dir also folgendes vor: Gruselig verskillt, wie die meisten anderen Charaktere auch, Ausrüstung zwischen grau und blau, suchst du Gruppe in Stonehenge. Wartest eine Stunde, bis ein anderer genervt aufgibt, nimmst dessen Platz ein. Erhältst - wenn überhaupt - seltsame Buffs und gehst pullen. Du verirrst dich. Stirbst. Wirst gerezzt. Rebuff. Gehst wieder pullen, findest 3 Monster. Bringst sie mit. Das ist eins zuviel. Die Gruppe wiped. Alle rellen, zahlen 12 Gold ebbes für den Heiler. Eine halbe Stunde später trifft man sich wieder in SH. Der Spot ist besetzt. Man wählt einen anderen, wohl wissend, dass dieser eigentlich einen Tick zu hoch für die Gruppe ist, aber man hat ja keine Wahl. Man pullt 1 Monster und besiegt es. Pro Nase gibt es 2 Silber, 12 Kupfer. Man pullt erneut. Eine Viertelstunde lang geht alles gut. Der Kleriker hat up und geht erst mal skillen. Man wartet eine halbe Stunde auf ihn. In der Zwischenzeit verabschiedet sich der Theurg. Der Kleriker kommt wieder und man lädt derweil einen Tupperwarevertreter, der immerhin 2 Stufen höher ist als der Rest. Man pullt wieder und wird sogar mit 3 Mobs fertig. 3 Mobs sind überhaupt kein Problem mehr. Man freut sich und levelt weiter. Nach ~10 Pulls (Einkünfte ca. 2 Gold, 70 Silber, 48 Kupfer) meckert der Kleriker, dass die Exp so schlecht geworden ist. Er hat ein Angebot von einer 40er Gruppe, die weiter unten levelt und geht (das sagt er natürlich nicht, sondern er sagt, dass er Besuch bekommen hat und geht /anon, aber eine halbe Stunde später liest man, dass er von einem Grabschrecken gekillt wurde). Die Gruppe sucht einen neuen Kleriker und findet auch einen, der zwar zwei Level kleiner ist als der kleinste in der Gruppe, aber besser als nichts (dieser Kleri hatte übrigens seiner Gruppe am SH-Eingang eine Ausrede aufgetischt, um mit den "Großen" zu leveln, aber das nur am Rande). Man macht im gewohnten Stil weiter, pullt 3 Mobs, der neue Kleriker packts nicht und die Gruppe wiped. Der Kleriker nörgelt, wie man bloß einen Tupperwarevertreter in Gruppe laden kann, statt eines richtigen Tanks und verlässt die Gruppe sofort. Man rellt, zahlt 12 Gold ebbes und findet sich teilweise wieder in SH ein. Übrig sind der Tupperwarevertreter, eine AFK-Minne und du selbst. Du suchst also wieder einen Kleriker, findest aber keinen, solange deine Gruppe nicht voll und einsatzbereit ist. Es will sich aber niemand deiner Gruppe anschließen, solange du keinen Kleriker vorweisen kannst.
Man sollte jetzt übrigens nicht den Fehler begehen und glauben, die Zeiten seien zumindest für Kleriker rosig gewesen. Die Zeiten waren nie rosiger für Kleriker, Kleriker haben bloß immer völlig andere Probleme als alle anderen Klassen.
Wenn also jemand was von der guten alten Zeit daher faselt, dann meint er die kurzen, glückseligen Momente, in denen ein paar Pulls lang nichts schief lief. Bei Kriegsveteranen wäre das vergleichbar mit dem Fund einer leicht angegammelten, aber noch essbaren Zwiebel, wenn man kurz vor dem Verhungern war.
Mythic hat einiges getan, damit unser Leben nicht mehr durch vergammelte Zwiebeln geprägt wird. Heute freuen wir uns über ein Filet Mignon. Man nennt es auch "verwöhnen" und die Supernanny wird mit mir übereinstimmen, dass dies nicht immer die beste Erziehungsmethode ist. Trotzdem und wider jegliche Erfahrung hält Mythic daran fest. Zuerst kommt die große Frustpeitsche und dann wird alles eine große Wellnessoase. Es gibt nichts dazwischen, es gibt auch keine Umkehrmethode und alles wird immer doppelt gemoppelt. So war es und so wird es immer sein, bis zum Serverdown, Amen.
Denn bei Mythic bestraft das Leben nicht etwa diejenigen, die zu spät kommen, sondern die Vorbesteller.<hr></blockquote></p>
Zuletzt geändert von Teno am Di 4. Mär 2008, 16:55, insgesamt 1-mal geändert.
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